Mietrecht: Corona-Pandemie vs. Gewerberaummietvertrag
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1. Wann ist die Miete grundsätzlich fällig?

Grundsätzlich ist die Miete bei Mietverhältnissen über Wohnraum bis spätestens zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, nach denen sie bemessen ist (§ 556b Abs. 1 BGB). Diese Regelung lässt sich auch in den meisten Mietverträgen finden. An diesem Grundsatz ändert sich auch in Zeiten der Corona-Krise nichts.

Jedoch wird durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht das Recht des Vermieters eingeschränkt, die überlassenen Räume wegen nicht rechtzeitiger Zahlung der Miete zu kündigen.

2. Was gilt in der Corona-Krise?

In der Corona-Krise wird das Recht des Vermieters, die überlassenen Räume wegen nicht rechtzeitiger Zahlung der Miete zu kündigen, für einen begrenzten Zeitraum eingeschränkt.

Die Einschränkung bezieht sich zunächst auf den Zeitraum vom 01. April bis zum 30. Juni 2020. Ist der Mieter in diesem Zeitraum infolge der COVID-19-Pandemie an der rechtzeitigen oder vertraglich geschuldeten Mietzahlung gehindert, kann der Vermieter die überlassene Mietsache nicht wegen Zahlungsverzuges kündigen.

3. Was muss der (gewerbliche) Mieter machen, wenn er die Miete nicht rechtzeitig zahlen kann?

Der Mieter ist beweispflichtig dafür, dass er die Miete infolge der Corona-Krise nicht zahlen kann. Zur Glaubhaftmachung beziehungsweise als Nachweise sind z. B. denkbar:

  • Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen oder der Nachweis einer entsprechenden Antragstellung.
  • Bescheinigungen des Arbeitgebers über Verdienstausfall.
  • Bei Selbstständigen: Versicherung an Eides Statt, dass infolge der Pandemie die Verdienstmöglichkeiten eingeschränkt oder gar nicht möglich sind.
  • Bei Mietern oder Pächtern von Gewerberäumen: Vorlage der behördlichen Verfügung, aufgrund derer ihnen der Betrieb untersagt oder erheblich eingeschränkt wird.

4. Bis wann muss der Mieter etwaige Mietrückstände zur Vermeidung einer Kündigung spätestens ausgleichen?

Der Mieter muss zur Vermeidung einer Kündigung wegen Zahlungsverzuges die infolge der Pandemie entstandenen Mietrückstände spätestens bis zum 30. Juni 2022 ausgleichen. Bestehen nach dem 30. Juni 2022 noch erhebliche bzw. kündigungsrelevante Zahlungsrückstände aus dem Zeitraum April 2020 bis einschließlich Juni 2020, kann der Vermieter nach Ablauf des 30. Juni 2022 wegen dieses Zahlungsverzuges kündigen.

Im Klartext bedeutet dies aus heutiger Sicht, dass der Mieter für einen Zeitraum von bis zu maximal 24 Monaten – nämlich bis zum 30. Juni 2022 – aufgrund  ggf. offener Mietzahlungen aus dem Zeitraum vom 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 wegen der Corona-Krise (Kausalität!) nicht gekündigt werden kann.

Achtung:

Bei erheblichen Zahlungsverzügen, die nicht in den Zeitraum vom 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 fallen, sind fristlose Kündigungen wegen Zahlungsverzuges aber weiterhin möglich. Zudem bleibt es dem Vermieter unbenommen, fällige und rückständige Mieten aus dem Zeitraum April 2020 bis einschließlich Juni 2020 auch vor Ablauf des 30. Juni 2022 gerichtlich geltend zu machen.

5. Fallen Verzugszinsen an, wenn die Miete nicht rechtzeitig gezahlt wird?

Grundsätzlich kommt der Mieter bei nicht rechtzeitiger Mietzahlung – ohne eine vorherige Mahnung des Vermieters – automatisch in Verzug, da die Leistungszeit kalendarisch bestimmt ist. Daher fallen dem Grunde nach auch Verzugszinsen auf die nicht rechtzeitig geleistete Mietzahlung an. Diese Verzugszinsen muss der Mieter dem Vermieter grundsätzlich, bis der vollständige Mietrückstand ausgeglichen ist, zahlen. Die Verzugszinsen belaufen sich derzeit auf ca. 4 %.

6. Kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarf oder anderer Gründe kündigen?

Das Recht des Vermieters wegen Eigenbedarf oder anderer Gründe (z. B. erhebliches Fehlverhalten des Mieters gegenüber dem Vermieter) zu kündigen, wird durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-. Insolvenz- und Strafverfahrensrecht nicht eingeschränkt.

Kündigungen, die auf anderen Gründen als eines – infolge der Corona-Krise bedingten – Zahlungsverzuges beruhen, bleiben weiterhin möglich.

Jedoch wird die Durchsetzbarkeit einer möglichen Eigenbedarfskündigung aufgrund der Corona-Krise gerichtlich – insbesondere hinsichtlich möglicher Räumungsfristen – großzügig gehandhabt werden. Gerne stehen wir Ihnen zu allen Fragen der Eigenbedarfskündigung mit Rat und Tat zur Seite.

7. Was sollten Sie als Mieter machen, wenn die rechtzeitige Mietzahlung gefährdet ist?

Unabhängig von der aktuellen gesetzlichen Vorgabe sollten Sie als Mieter das Gespräch mit dem Vermieter suchen. Nach unserer Erfahrung reagieren die meisten Vermieter verständnisvoll. Jedoch haben gerade private Kleinstvermieter, die auf die Mieten zur Finanzierung der Darlehensraten angewiesen sind, Sorgen um die Finanzierung. Ein offenes Gespräch kann hier die beiderseitigen Sorgen der Parteien nehmen und bestenfalls zu einer einvernehmlichen Lösung führen. Auch kann ein solches Gespräch dazu führen, dass das gegenseitige Vertrauen der Parteien zur unbelasteten Fortsetzung des Mietverhältnisses gestärkt wird. Gerne unterstützen und begleiten wir Sie anwaltlich in der Vorbereitung und Durchführung solcher Gespräche.

8. Was passiert, wenn die Corona-Krise über den 30. Juni 2020 andauert?

Sollte sich herausstellen, dass der Zeitraum von Anfang April 2020 bis Ende Juni 2020 nicht ausreicht, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise für Mieter von Wohnräumen oder Gewerberäumen abzufedern, kann dieser Zeitraum durch Rechtsverordnung zunächst um weitere drei Monate verlängert werden und dann gegebenenfalls auch noch ein weiteres Mal. Im Falle einer dritten Verlängerung könnte dies aber nur unter Beteiligung des Bundestages realisiert werden.

Bei den obigen Ausführungen handelt es sich um eine allgemein gehaltene Übersicht, welche eine konkrete anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann und soll.

Sollten Sie Fragen haben, stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.